Die Memminger 12 Artikel

In Wikipedia steht: 'Die "Die Zwölf Artikel" gehören zu den Forderungen, welche die Bauern im deutschen Bauernkrieg 1525 erhoben. Sie entstanden im März 1525 in Memmingen und  gelten (nach der Magna Carta von 1215) als eine der ersten niedergeschriebenen Forderungen nach Menschen- und Freiheitsrechten in Europa.'

Die "12 Artikel" wurden in für damalige Verhältnisse hohen Auflagen gedruckt und verbreiteten sich im gesamten Aufstandsgebiet.

Auch unser "Mässinger Haufen" übernahm sie.

Aus heutiger Sicht handelt es sich um versöhnlich vorgetragene Forderungen und Klagen, die die Bauern an die Obrigkeit richteten, aus einer gottesfürchtigen und untertänigen Haltung heraus.

Der erste Artikel behandelt die Auswahl des Pfarrers, er beginnt mit: "Es ist unsere demütige Bitt' und unser Begehr', auch unser aller Wille und unsere Meinung, dass wir fortan Gewalt und Macht haben wollen, damit eine ganze Gemeinde einen Pfarrer selbst aussuchen und wählen kann. Auch soll sie Vollmacht haben, denselben wieder abzusetzen, wenn er sich nicht dem Evangelium gemäß verhält..."

In weiteren Artikeln geht es um die Verwendung der 'Steuern' (des 'Zehnten'), die Abschaffung der Leibeigenschaft, die Rückgabe des Rechts auf Jagd und Fischfang und der vormals gemeindeeigenen Wälder, Wiesen, und Äcker, die sich die Herrscher angeeignet hatten. Im Weiteren sollen die wachsenden Frondienste begrenzt und auf ein früher übliches Maß reduziert werden. Eine 'unabhängige Kommission' (ehrbare Leute) sollen die Pacht - wo sie als unerträglich hoch empfunden wurde - neu bewerten und festsetzen, damit die Bauern von ihrer Arbeit auch leben können. Bestrafungen sollen nicht 'nach Belieben' erfolgen können, sondern nach 'alter geschriebener Strafe'.

Der letzte Artikel sagt "wenn einer der Artikel 'dem Worte Gottes nicht gemäß wäre', dann wollte man davon absehen.”

In Summe kann man sagen, ein als 'untertänige Bitte' vorgetragener Katalog von Maßnahmen, deren Umsetzung für die Herrschenden machbar gewesen wäre. Leider waren von Seiten der Obrigkeit entsprechende Verhandlungen keine Option. Wo Verhandlungen stattfanden, dienten die nur zum Hinhalten der Bauern, bis man genügend Streitkräfte zusammengezogen hatte.

 


Und noch ein aktueller Hinweis, aus dem "Donaukurier" vom 16. Februar 2022, in der Rubrik "Chronik":

1525

25 zu Memmingen gehörende Dörfer begehren wegen ihrer wirtschaftlichen, sozialen und religiösen Umstände auf und verlangen von der Reichsstadt und dem Schwäbischen Bund Verbesserungen.
Ihre Forderungen, die Zwölf Artikel, werden in Drucken weit verbreitet und zählen zu den ersten Erklärungen von Menschen- und Freiheitsrechten der Welt.

(Hervorhebungen vom Autor, nicht vom DK).


Aus der Broschüre "anno domini 1525" Memmingen - Stadt der Menschenrechte - Die Zwölf Bauernartikel (c) 2018 Kulturamt der Stadt Memmingen

 

In den „Zwölf Artikel" wird unter Berufung auf das Wort Gottes festgestellt, dass es Prinzipien des Rechts gibt, die durch kein lokales oder sonstiges Sonderrecht außer Kraft gesetzt werden dürfen. Als Grundlage ihrer Forderungen beanspruchten die Bauern nichts anderes als „das Evangelium zu hören und dem gemäß zu leben". Die Bauern forderten die Legitimation und Beschränkung von staatlicher Gewalt in christlicher Verantwortung und sie verfolgten eine einvernehmliche, gewaltfreie Lösung des Konflikts. An oberster Stelle stand der „gemeine christliche Nutzen" und die „brüderliche Liebe".

Die „Zwölf Artikel" sind der Idee der  Würde jedes einzelnen Menschen verpflichtet, eine Vorstellung, aus der wir heute Universalität der Menschenrechte ableiten. Das Treffen der Bauern in Memmingen war zudem eine erste verfassungsgebende Versammlung, auf der die Grundprinzipien politischer Gemeinwesen formuliert wurden: Freiheit, Gerechtigkeit, Wahl, Selbstbestimmung und Mitbestimmung. Ein solches Modell fand sich auf deutschem Boden erst wieder 1848 in der Paulskirchenverfassung und als geltendes Recht in der Weimarer Verfassung des Jahres 1919. 

Die Wirkung der „Zwölf Artikel" war enorm. In nur zwei Monaten erschienen 25 Drucke in allen namhaften Orten des Reiches. Die Forderungen aus der Kramerzunft in Memmingen wurden auch andernorts übernommen und um regionale Beschwerden erweitert.

Doch das Kalkül der Bauern, den Forderungskatalog in Verhandlungen durchzusetzen, ging nicht auf. Erste Plünderungen von Klöstern und Burgen ließen die im Schwäbischen Bund zusammengeschlossenen Adligen zum Gegenschlag ausholen. Die Schlachten des nun folgenden Bauernkrieges brachten zwischen März und Juni 1525 über 100.000 Menschen den Tod.

Die „Zwölf Artikel" allerdings weisen weit über ihre Zeit hinaus.

Im März 2000 bezeichnete der damalige Bundespräsident Johannes Rau die Schrift als frühes Monument der deutschen Freits- und Verfassungsgeschichte.

Memmingen steht damit am Beginn eines Ringens um Menschenrechte, das bis heute nicht abgeschlossen ist.


 Quellen:

Wikipedia - Die zwölf Artikel

Sonderheft "die 12 Bauernartikel - Flugschrift aus dem Frühjahr 1525" in der Reihe Memminger Geschichtsblätter, Historischer Verein Memmingen, Heide Ruszat-Ewig

Donaukurier vom 16. Februar 2022, Seite 16

Bild "Die zwölf Artikel fordern:" aus dem Vortrag zum Bauernkrieg im Hochstift Eichstätt, eine Kurzfassung des Buches von Dr. Josef Seger (PDF auf dieser Homepage)

Broschüre "anno domini 1525" Memmingen - Stadt der Menschenrechte - Die Zwölf Bauernartikel (c) 2018 Kulturamt der Stadt Memmingen