Da waren sie alle fassungslos ...

Die Veranstaltung am 19.Oktober mit Dr. Segers Vortrag "Der Bauernkrieg im Hochstift Eichstätt" war ein voller Erfolg. Das Thema stieß auf so viel Interesse, dass der Gredonia-Saal voll war. Wir sind begeistert von dem Interesse in der Bevölkerung und der Zuspruch motiviert uns. Hier der  Text des Artikels im Donaukurier, geschrieben von Richard Auer.

„Hier wurde Demokratiegeschichte geschrieben“: Anstehendes Bauernkriegs-Gedenkjahr fasziniert die Region

Donaukurier vom 22.10.2022

Vor knapp 500 Jahren Schauplatz dramatischer Ereignisse: Der Weiler Hofberg hoch über Obermässing mit seinem markanten Tor. Fotos: Auer

Von Richard Auer

Greding – Da waren sie alle fassungslos: Am Mittwochabend hatten die „Initiative 1525“ und die Stadt Greding gemeinsam zum Vortrag über den Bauernkrieg des Jahres 1525 im Hochstift Eichstätt eingeladen – und dann war der Gredonia-Saal mit 160 Besuchern fast überfüllt. Die Gredinger Kulturamtsleiterin Bettina Kempf sagte begeistert: „Ich glaube, das ist der bestbesuchte Vortrag, den wir jemals in Greding hatten.“

Überglücklich waren auch die drei Freunde, die die „Initiative 1525“ vor eineinhalb Jahren ins Leben gerufen hatten: Wolfgang Brand aus Beilngries, Gerlinde Delacroix aus Berching und Thomas Kaiser aus Denkendorf. Ihr Ziel ist, rechtzeitig zum „Jubiläum“ 500 Jahre Bauernkrieg im Jahr 2025 eine angemessene Erinnerungskultur in die Wege zu leiten und den „Mässinger Haufen“ ins Bewusstsein zu heben. Sie bedauern, dass es in der Region bis dato noch viel zu wenigen Menschen klar ist, dass der Gredinger Raum mit dem Hofberg hoch über Obermässing vor 500 Jahren ein Zentrum des Bauernaufstands war. Ein Aufstand, in dem es nicht um plumpe Umsturzfantasien ging, sondern um die Einforderung von demokratischen Regeln und elementaren Menschenrechten. Gestaltet wurde der Abend mit passender Blockflötenmusik und 500 Jahre alten Stücken: von der Gruppe Flauto dolce aus Neumarkt.

 

Frühere Historiker hatten nur Verachtung übrig

Über die damaligen Ereignisse in der Region, ihre Ursachen und die Folgen hatte der Historiker und Gymnasiallehrer Josef Seger aus Eichstätt, gebürtig in Neumarkt, schon 1997 seine Doktorarbeit geschrieben. Seine Motivation: „Ich habe mich damals so geärgert, wie abschätzig man in der lokalen Geschichtsschreibung mit diesen Ereignissen umgegangen ist.“ So hieß es etwa 1910 in einem Buch, der „Mässinger Haufen“ sei „eine an sich unbedeutende Bewegung, die das Papier nicht wert ist“.

 

Seger erklärte, dass für die hiesigen Bauern im Wesentlichen die extrem hohe Wilddichte und die unablässigen Flurschäden Hauptauslöser für den Aufstand waren, außerdem die ständigen Frondienste für jagdwütige Fürsten. Auch war in den Jahren zuvor das Selbstverwaltungsrecht der Dorfgemeinschaften immer mehr eingeschränkt worden – ohne rechtliche Grundlage.

Am 21. April 1525 wurde, ausgehend von einer Bauernverschwörung in Thalmässing, der offene Aufstand gewagt, der im Nu zum Flächenbrand wurde. Bis zu 8000 Bauern (eine Zahl, die Seger etwas zu hoch scheint) aus der weiten Umgebung strömten auf dem Hofberg zusammen, wo die Bauern ein Feldlager anlegten. Von Eichstätt und allen nördlich gelegenen Dörfern, von Spalt im Westen über Wendelstein im Norden bis Neumarkt, Dietfurt und Riedenburg sowie Kösching und Vohburg im Süden. Die Stadt Greding ergab sich kampflos und wurde zentraler Verwaltungsort mit der „Kriegskanzlei“ für die Aufständischen. Berching und Beilngries wehrten hingegen die Bauern ab. Eine „kleine Minderheit“, sehr radikalisiert, habe schließlich das schutzlose Kloster Plankstetten komplett geplündert und niedergebrannt, sagte Seger. Die deutliche Mehrheit der Bauern habe aber Verhandlungen angestrebt und sei bei deren Scheitern unter Verzicht auf einen Kampf heimlich nachts abgezogen. Es folgte das Strafgericht der Obrigkeit: 15 Todesurteile, wilde Plünderungen und schließlich flächendeckend von jedem einzelnen Hof eingeforderte, horrende Strafgelder.

 

Gredings Bürgermeister Manfred Preischl hatte zu Beginn die vielen „Freunde der Regionalgeschichte“ begrüßt, darunter auch seinen Amtskollegen aus Berching, Ludwig Eisenreich – ein Obermässinger: „Für Greding und unseren Mässinger Haufen ist das schon etwas Besonderes.“ Gerlinde Delacroix berichtete von einem immer größeren Zulauf, den die „Initiative 1525“ erhalte. Mittlerweile habe die Gruppe 150 Interessierte in ihren Reihen. „Obermässing und der Hofberg ist ein Ort, wo Demokratiegeschichte geschrieben wurde“, sagte Delacroix. Ihr Mitstreiter Wolfgang Brand sagte, dass es im Jahr 2025 hoffentlich in möglichst vielen Orten, aus denen aufständische Bauern kamen, Aktionen und Veranstaltungen geben könne. Wanderungen, Sonderführungen, mittelalterliches Leben, die Beteiligung bei Volksfestumzügen, Filmvorführungen...

 

„Mensch, was haben die sich damals getraut!“

Kreisheimatpflegerin Eva Schultheiß (Kreis Roth) und ihr Neumarkter Amtskollege Rudi Bayerl machen sich gleichfalls schon ihre Gedanken. Bayerl zeigte sich begeistert von der Resonanz. Man sehe, dass dieses historische Ereignis bei den heutigen Menschen „eine Ader trifft: Mensch, was haben die sich damals getraut!“

 

Theo Hiemer, Stadtratsmitglied und zugleich Ortssprecher von Obermässing, sagte anerkennend, es seien etwa 50 Obermässinger zum Vortrag gekommen, das Thema beschäftige viele. Am Hofberg aber selbst werde man entgegen allererster Überlegungen „nichts Großes“ machen, um die Zahl der Besucher verträglich zu halten. „Eventuell ein Mahnmal.“

Und die heutigen Bauern? Thomas Schmidt aus dem Gredinger Gemeindeteil Kraftsbuch, bis vor Kurzem noch Bauernverbands-Kreisobmann, hat im Publikum viele Berufskollegen aus der ganzen Umgebung entdeckt. „Die spüren: Wir sind die Nachfahren von denen.“

Er kennt die hiesige Bauernkriegsgeschichte wie kein anderer:  Josef Seger aus Eichstätt hat seine Doktorarbeit darüber verfasst.

Ein hartnäckiges Trio macht sich stark für die Erinnerung an den Bauernkrieg (von links): Thomas Kaiser, Gerlinde Delacroix und Wolfgang Brand.

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„Hier wurde Demokratiegeschichte geschri
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