Dieser Internet-Auftritt ist lebendig und wächst. Die Idee zu unserer "Inititative 1525" wurde Mitte 2020 geboren, seitdem sind wir aktiv, sammeln Ideen und Informationen, vernetzen uns und arbeiten auf unser Ziel hin. Es lohnt sich daher, immer wieder mal vorbeizuschauen, auch im Blog/Aktuelles dabei zu sein auf unserem Weg ins Jahr 2025.
Wir haben für die Texte unserer Homepage viel gelesen und formuliert. Dabei gab es immer wieder Diskussionen und Klärungsbedarf über Sprache, Ausdrucksweisen, Formulierungen und wie man die
historischen Gegebenheiten schildert.
Und auch, inwieweit wir “objektiv und neutral” sein müssen / wollen oder ob wir den Standpunkt der Bauern einnehmen dürfen und aus deren Sicht berichten.
Denn eines war uns klar:
Die Geschichte wird von den Siegern geschrieben, ihre Sichtweise wird überliefert.
Oder wie es die “Schmetterlinge” in der “Proletenpassion” ausdrücken:
Die herrschende Geschichtsschreibung
ist immer die Geschichtsschreibung der Herrschenden.
In der Broschüre von Walter Raimund Steiner “Auf den Spuren des Bauernkriegs” steht auf der ersten Seite (Auszug):
Zuvor sei an eine Binsenweisheit erinnert: Es ist meist der Sieger, der nach Abschluß eines Konflikts bestimmt, was als Wahrheit zu gelten hat. Die Motive des Besiegten müssen, gerade wenn sie einen bestimmten Grad an Berechtigung haben und so möglicherweise den moralischen und politischen Verdienst des Siegers schmälern könnten, durch intensive Propaganda u.U. bis zur Unkenntlichkeit verzerrt werden. Dafür kann auch der Bauernkrieg als drastisches Beispiel dienen. Im allgemeinen Bewußtsein gelten die Bauern noch heute weitgehend als die einzig Schuldigen; denn sie haben gegen Recht und Gesetz verstoßen und damit die gottgesetzte Ordnung massiv gefährdet, von den Greueltaten der Endphase dieses Krieges noch gar nicht zu reden. Es sei Verdienst der Fürsten, dies verhindert bzw. beendet zu haben. Soweit der Kern der fürstlichen Propaganda von 1525. Wir sollten es uns gestatten, kritischer hinzuschauen und die alte Rechtsregel ernst zu nehmen: „Audiatur et altera pars“ - Es soll auch die Gegenpartei gehört werden!
Man kann auch humorvoll auf diese Art von Geschichtsschreibung blicken, wie das der hiesige Mundartdichter Eduard Dietz (Kienast-Edi) in seinem Gedicht über den Bau der Berchinger Stadtmauer macht:
A fleißiger Mensch
Joahrhundertfeiern hom scho aa ihr Gouts, dou derfoahrst so allerhand, wosd noniat woißt. Dou ho i in der Fest-Beilag vo der Zeitung glesn: „Bischof Wilhelm von Reichenau erbaute die Stadtmauer von Berching“.
I bin amol um die ganz Stodtmauern ummiganger, und i mouß soong: Reschpekt! - a fleißiger Mensch, der Herr Bischof! So a Mauern bauer, und so ganz alloa!
I häitt ja gmoant, es häitt eahm ebber do wer gholffa, vieleicht die Herrn Prälatn zum Stoaschlichtn, der Herr Stodtpfoarrer zum Kalch o’löschn und der Meßner zum Broutzeitholn, ower in derer Zeitung hots ausdrückli ghoißn: „Die Berchinger Stadtmauer wurde um 1450 in ihrer heutigen Form von Bischof Wilhelm von Reichenau erbaut“, - und a Zeitung werd ja dennerscht niat löing!
Es kannt ower aa so sei, daßma halt allerwal löiber vo oan Herrn Bischof schreibt wöi vo Mauerer, Handlanger und Togwerker, wal des san halt koane Herrn, des san blouß Leit, und vo dernern redt ma halt niat!
Kinast Edi (in "Wouher da Wind waht", Sindelbacher Kreis)
Oder die “hochdeutsche” Version von Bert Brecht (1935):
Fragen eines lesenden Arbeiters
Wer baute das siebentorige Theben?
In den Büchern stehen die Namen von Königen.
Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?
Und das mehrmals zerstörte Babylon,
Wer baute es soviele Male wieder auf? In welchen Häusern
Des goldstrahlenden Lima wohnten die Bauleute?
Wohin gingen an dem Abend, wo die chinesische Mauer fertig war,
Die Maurer? Das große Rom
Ist voll von Triumphbögen. über wen
Triumphierten die Cäsaren? Hatte das vielbesungene Byzanz
Nur Paläste für seine Bewohner? Selbst in dem sagenhaften Atlantis
Brüllten doch in der Nacht, wo das Meer es verschlang,
Die Ersaufenden nach ihren Sklaven.
Der junge Alexander eroberte Indien.
Er allein?
Cäsar schlug die Gallier.
Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?
Philipp von Spanien weinte, als seine Flotte
Untergegangen war. Weinte sonst niemand?
Friedrich der Zweite siegte im Siebenjährigen Krieg. Wer
Siegte außer ihm?
Jede Seite ein Sieg.
Wer kochte den Siegesschmaus?
Alle zehn Jahre ein großer Mann.
Wer bezahlte die Spesen?
So viele Berichte,
So viele Fragen
Bertolt Brecht – Fragen eines lesenden Arbeiters (1935)
Quelle: www.sgipt.org
"Zur Ethik, Wissenschaft und Repräsentanz der Geschichtsschreibung"
Die Intention der Initiative 1525 ist, die Nöte und Beweggründe der Bauern verständlich zu machen, uns in ihre Lage zu versetzen und auch aus dieser Perspektive zu berichten.
Es geht uns darum, unsere Vorfahren, die Bauern zu rehabilitieren und ihre Darstellung in der Geschichte zurechtzurücken. Nur eine kleine Minderheit befürwortete Gewalt, der Großteil wollte auf dem Verhandlungsweg Änderungen und Verbesserungen ihrer Lage erreichen. Nachdem die Bauern erkennen mußten, daß die Gegenseite kein Interesse an einer friedlichen Einigung hatte, wählten sie statt des Kampfes die Flucht und kehrten nach Hause zurück. Sie waren Bauern und keine Soldaten. Aber sie hatten es versucht und waren aktiv für eine Veränderung ihrer schwierigen Umstände eingetreten. Dafür gebührt ihnen unser Respekt.
Der Aufstand der Bauern erlebt 1525, nach vielen Jahren und Jahrzehnten der Klagen, Bittschriften und Forderungen seinen Höhepunkt. Die Leibeigenen und Untertanen gelten ihren Herren als
anmaßend, aufsässig und gottlos, weil sie die Wiederherstellung ihrer alten Rechts- und Besitzstände fordern, welche ihnen der Adel, die Herren der wachsenden Territorien, Stück um Stück entzogen
hatten.
Wochen und Monate zuvor trafen sich Bauern, Handwerker und Besitzlose — "der gemeine Mann" — zu Beratungen meist im Verborgenen.
Sie verschwören sich anzukämpfen gegen ihre übermächtigen Feudalherren und sich zusammenzuschließen gegen Gewalt und Willkür mit "ihren christlichen Brüdern", den Hellen Haufen in Schwaben,
am Bodensee, dem Schwarzwald, dem Neckar, aus dem Würzburgischen, dem Bambergischen und dem Haufen im Ries. Es einen sie die Forderungen der "Zwölf Artikel", beschlossen von "aller
Bauernschaft und Hintersassen der Gaistlichen und Weltlichen Obrigkait", einer großen Beratungsversammlung in Memmingen.
Auch in unserer Region erhebt sich der gedrückte unterste Stand: in Orten wie Thalmässing, Eysölden, Greding, um Berching, Heideck, Freystadt, Beilngries, Dietfurt. In der fürstbischöflichen
Residenz Eichstätt sind es die Handwerker, vor allem die Tuchmacher.
Uns interessiert: Was quälte die Bauern, was trieb sie so weit? Was von der Mühsal das Leben der Familien zu fristen fand sich wieder in den "12 Artikeln", den Forderungen für eine gerechtere
Gesellschaftsform? Warum riskierten sie Leib und Leben, um aus den Angeln zu heben, was ihnen als "gottgewollte Herrschaft" gepredigt wurde? Was gab ihnen den Mut, die bestehende Ordnung in
Frage zu stellen? Was zwang sie, den Mund aufzumachen und politisch mitzureden?
Die unterdrückten Menschen berufen sich auf die Bibel, ein "göttliches Recht" und auf die Frohbotschaft eines kommenden "Reich Gottes". Sie fragen: "Als Adam grub und Eva spann, wo war denn
da der Edelmann?" Die Antwort der Obrigkeit ist eine brutale, militärische Unterdrückung des Volkszornes, der Krieg von Adel und Klerus gegen die Bauern und Untertanen, der
"Bauernkrieg".
Früher galt das Interesse der Historiker vor allem dem Wohl und Wehe der Königshäuser, der großen Adelsdynastien. Bei den neueren Forschungen zur Geschichte interessiert auch der Alltag, die
Rechte und Pflichten in den Lebenssituationen der einfachen Bevölkerung.
Der Bauernkrieg des Jahres 1525 kündigt sich bereits Jahre zuvor durch eine Reihe von Unruhen und Empörungen an, teilweise durch offenen Aufruhr. Diese Unzufriedenheit greift auf unsere Region über.
In Thalmässing hat sich seit Februar (oder spätestens März 1525) eine Gruppe von widerständigen Bauern im Geheimen zusammengeschlossen.
Am 20. März schreiben sie an den Leipheimer Haufen einen Brief mit dem Vorschlag gegenseitiger Unterstützung. Dieses Schreiben wird von Reitern des schwäbischen Bundes
abgefangen.
Der “Prediger” Zacharias KrelI wirbt Ende März für die Sache der Unterdrückten in unserer Gegend.
Am 1. April wird er von einem Scharfschützen vom Wellheimer Burgturm herabgeschossen. Vom 2. bis 9. April herrscht Aufruhr in Eichstätt: Die Bürger streiten mit dem Bischof
wegen entzogener Weide- und Fischrechte und wegen der Verunreinigung des Edelbaches durch die Abwässer des Klosters. Im Verhältnis zu den aufrührerischen Bauern sind die Bürger jedoch
gespalten.
Nach Ostern, am 21. April, sind die Vorbereitungen in unserer Region soweit, dass der offene Aufstand gewagt wird. In Thalmässing treffen sich mehrere hundert Mann unter Leitung eines
„Rates“. Sie einigen sich auf die „Zwölf Artikel“ und wählen Führungskräfte. 200 Mann ziehen „auf den Berg“ (Hofberg bei Obermässing) und legen ein Feldlager an. Dies wird nach Eichstätt
berichtet. In der Willibaldsburg findet eine Krisensitzung statt. Bischof Gabriel von Eyb sendet Hilfeersuchen an die benachbarten Territorialherren.
Am 22. April überrumpeln die Bauern die Mannschaft der Burg bei Obermässing. Noch am gleichen Tag wird die bischöfliche Amtsstadt Greding kampflos übernommen. Die Kriegskanzlei der
Bauern wird vom Hofberg nach Greding in die bischöflichen Amtsräume verlegt.
Ab 23. April versuchen die Bauern, ihre momentane Überlegenheit zu festigen - durch Angebote (mit militärischer Einschüchterung) an Städte wie Berching und Beilngries, ebenso durch
Belagerung und Eroberungen. Das wehrlose Kloster Plankstetten wird von 300 Bauern besetzt und geplündert.
Am 24. April greift Pfalzgraf Friedrich II. in das Geschehen ein. Er richtet ein Schreiben an die Bauern im Feldlager am Hofberg bei Obermässing und an die Besatzer im Kloster
Plankstetten. Friedrich erklärt seine Bereitschaft zu verhandeln unter der Bedingung, dass die Bauern keine weiteren Aktionen unternehmen. Die Bauern lehnen das als Hinhaltetaktik ab und
setzen ihre Strategie fort.
Am 27. April erreichten die Erfolge der Bauern ihren Höhepunkt. Bischof Gabriel von Eyb sendet eine Bittschrift an Herzog Wilhelm IV. von Bayern.
Am 28. April beginnt Pfalzgraf Friedrich mit den Vorbereitungen zum Angriff. Er schickt 40 Reiter nach Hirschberg und macht gleichzeitig ein hinhaltendes Waffenstillstandsangebot an
die Bauern.
Am 29. April zünden die Bauern das geplünderte Kloster Plankstetten an und ziehen sich zum größten Teil auf den Mässinger Berg zurück.
Am Montag, dem 1. Mai, beginnt am Kauerlacher Weiher der Aufmarsch der Truppen des Pfalzgrafen und seiner Verbündeten. Diese verfügen über 500 kampferprobte Söldner und 100
ansbachische Reiter, eine überlegene Kampftruppe mit Kavallerie und Feuerwaffen.
In der Nacht vom 1. auf den 2. Mai lässt Friedrich in Sichtweite des Feldlagers der Bauern zwei Mühlen abbrennen und das Schlachtvieh der Bauern wegtreiben. Dies löst bei vielen Bauern Angst
um ihr Hab und Gut und um ihre Familien aus. Die Aussichtslosigkeit einer militärischen Gegenwehr veranlasst einen Großteil der auf dem Hofberg biwakierenden Bauern im Schutz der Nacht das
Feldlager zu verlassen. So wird ein Blutbad verhindert.
Am 2. Mai befiehlt Friedrich im Morgengrauen einen Vorstoß auf das Feldlager. Seine Truppen treffen auf keinen Widerstand und greifen sofort die Burg oberhalb von Obermässing an, in
der sich noch einige Bauern mit ihren Hauptleuten befinden. Die Hauptleute werden festgenommen und an Ort und Stelle enthauptet. Friedrich befiehlt den sofortigen Vorstoß auf Greding. Die
dortigen Besatzer leisten keinen Widerstand. Auch hier werden zwei Hauptleute der Bauern enthauptet. Mit dem Fall Gredings bricht der Widerstand der Bauern im Unteren Hochstift zusammen.
Brutale Racheaktionen der Obrigkeit gehen weiter.
entnommen aus:
Walter Raimund Steiner “Wanderungen in Landschaft und Geschichte” in “Neumarkter Historische Beiträge Band 15”, Aufsatz “Auf den Spuren des Bauernkriegs”
Dr. Josef Seger “Der Bauernkrieg im Hochstift Eichstätt”
und zusammengestellt von der Initiative 1525.
Details zum zeitlichen Ablauf finden sich in einer ausführlichen Zeittafel im Bereich "Materialien".
Neben den einschlägigen wissenschaftlichen Abhandlungen zum Bauernkrieg liegt für die lokalgeschichtlichen Ereignisse seit über 20 Jahren ein Buch von Dr. Josef Seger, „Der Bauernkrieg im Hochstift Eichstätt“, vor.
Sein Werk beschreibt die Ereignisse im Hochstift Eichstätt während des deutschen Bauernkriegs 1524/25 auf der Basis der für die Region zur Verfügung stehenden Quellen, die politischen,
gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen, die Ursachen des Aufstands, sowie die Folgen für die geschlagenen Bauern.
Der letzte Teil behandelt schließlich die Rezeption des Eichstätter Bauernkriegs in der Geschichtsschreibung.
Dr. Josef Seger hat die Orte, Geschehnisse und Stätten der Region untersucht und mit allen relevanten Details beschrieben.
Für unsere Initiative hat Dr. Seger den Inhalt des Buches auf wenigen Seiten zusammengefasst. Sobald es möglich ist, werden wir einen Vortrag mit Herrn Dr
Seger anbieten. Der Vortrag wurde am 19. Oktober 2022 in Greding gehalten.
Unterlagen wie z.B. Zeitleiste, Karten, etc
Beschreibung von lokalen Geschehnissen mit Namen und weiteren Informationen zu den Beteiligten, gebündelt unter dem Ortsnamen.
Ein Versuch zur Klärung von Fachbegriffen.